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Was gute Mediziner ausmacht
Focus Top-Mediziner Prof. Albes und Prof. Heinze im Interview.Prof. Dr. med. Johannes Albes (Herzchirurgie, Bernau) und Prof. Dr. med. Martin Heinze (Psychiatrie, Rüdersdorf) sind Chefärzte in Krankenhäusern der Immanuel Diakonie und Professoren an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane.
Sie zählen, wie auch Prof. Dr. med. Christian Butter (Kardiologie Bernau) und Prof. Dr. med. Andreas Krause (Rheumatologie, Berlin) in ihrem Fachbereich nach der Focus-Ärzteliste zu den Top Medizinern 2018. Im Interview erzählen Professor Albes und Professor Heinze, welche Bedeutung eine solche Auszeichnung für sie als Mediziner und als Hochschulprofessoren hat.
Woran erkennt man einen guten Mediziner - im Beruf und im Studium?
Albes: Einen guten Mediziner erkennt man an der Empathie, die er dem Patienten entgegen bringt. Einen Studenten mit Potenzial erkennt man an der Neugierde.
Heinze: An der Offenheit für das Gegenüber, dafür, welche Geschichte der Patient mitbringt und wie er selbst sich sieht, und an der Fähigkeit, auch die Üblichkeiten der eigenen Profession kritisch zu hinterfragen.
Ein Arzt in einem Krankenhaus arbeitet immer auch im Team mit den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen, mit der Pflege, mit der Medizintechnik. Inwiefern kann aus dieser Sicht, provokant gefragt, die Arbeit eines einzelnen Arztes überhaupt bewertet werden?
Albes: Jeder Arzt kann nur im Umfeld eines Teams aus verschiedenen Berufsgruppen funktionieren. Es ist wie auf dem Fußballplatz: Alleine gewinnt man nicht, aber einen Führungsspieler braucht es immer.
Heinze: Tatsächlich arbeitet ein guter Psychiater in einem multiprofessionellen Team. Als Chefarzt kann er aber Anregungen geben, Wissen vermitteln, auf neue Entwicklungen hinweisen, supervidieren und das Team motivieren, die besten medizinischen Leistungen für die Patienten zu erbringen.
Prof. Albes, ein herzchirurgischer Eingriff ist ja stets ein Ergebnis abgestimmter, erfahrungsbasierter Prozesse. Wie lernt ein Team hinzu? Wie wird ein Team zu einem Top-Team?
Albes: Im Grunde ist das ganz einfach: Erfahrung, Erfahrung, Erfahrung. Diese ist durch nichts zu ersetzen. Diese muss aber in einer guten Atmosphäre angewandt und auch weitergegeben werden.
Prof. Heinze, eines Ihrer Schwerpunktthemen ist die Schizophrenie. Wie gehen Sie mit der Erwartung an Ärzte um, heilen zu können?
Heinze: Die meisten Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis nehmen einen rezidivierenden oder chronischen Verlauf an. So kann man tatsächlich nicht von Heilung sprechen, aber dennoch den Betroffenen helfen, mit der Erkrankung gut umzugehen und ein so wenig wie möglich beeinträchtigtes Leben zu führen. Über die verschiedenen Erwartungen dazu muss man mit den Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörigen im intensiven Gespräch bleiben.
Gestatten Sie mir eine grundsätzliche Frage: Gibt es für Sie ethische Grenzen, wo Sie von einem Eingriff, einer Behandlung abraten?
Albes: Natürlich. Ich mute keinem Patienten eine Behandlung zu, die nicht gewollt wird. Noch ein anderes konkretes Beispiel: Ich würde niemals einen minderjährigen Patienten unter Vorbehalten operieren, die medizinisch nicht vertretbar sind, wo die Eltern aber Rücksicht auf diese Vorbehalte einfordern.
Heinze: Ja. Bezüglich der Psychiatrie gibt es Erwartungen, man könne seine Persönlichkeit ändern oder ein sogenanntes Neuroenhancement machen, das heißt, über das physiologische Maß hinaus leistungsfähig zu sein, zum Beispiel durch drogenähnliche Medikamente. Von solchen Vorstellungen über Therapie muss man sich distanzieren. Aber auch, wenn Betroffene, informiert durch nicht seriöse Seiten im Internet, glauben, bestimmte Diagnosen zu haben, die dann gar nicht zutreffen.
Welche Fragen der Studierenden an der MHB bereiten Ihnen als Praktizierende, Lehrende und Forschende Freude?
Albes: Alle. Neugierde ist das Allerwichtigste.
Heinze: Alle Fragen zu einer guten Versorgung von Patientinnen und Patienten, die nicht nur auf einzelne medizinische Maßnahmen zielen, sondern Prophylaxe, Gesunderhaltung und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen dazu betreffen.
Herzlichen Dank für das Interview.
Die Fragen stellte Dr. Gerrit Popkes, Leiter der Unternehmenskommunikation.